Eine Wallfahrt am Fest der Hl. Dreifaltigkeit

1. Wieder in Ave Maria Deggingen!

Ja, für uns ist dies eine Nachricht Wert. Am Samstag den 29. Mai 2021, also der Samstag vor Dreifaltigkeit waren wir als kleiner Teil einer kleinen Herde stellvertretend für die HOG Glogowatz in Ave Maria Deggingen zur Wallfahrt.

Hintergrund ist das Gelöbnis was unsere Vorfahren vor sehr langer Zeit abgegeben haben. Sie haben – in der Tradition der Habsburger Lande stehend – gelobt, wenn die Pest und wohl auch andere Notlagen glimpflich zu Ende gehen, dann wollen sie bzw. mindestens ein Mitglied aus jeder Familie jedes Jahr nach Maria Radna zur Wallfahrt pilgern. Zu der Gelöbnis Wallfahrt haben sich -soweit mir bekannt- alle katholischen Gemeinden im Banat verpflichtet.

Wie Wikipedia weiß, erreichte die Wallfahrt zur Amtszeit von Bischof Augustin Pacha um das Jahr 1935 die Zahl von rund 73.000 Pilger und knüpfte an die Zahlen des 18. und 19. Jahrhunderts an, als Pilger aus allen Ländern der „Stefanskrone“, insbesondere aber aus dem serbischen und ungarischen Banat nach Maria Radna kamen; ein Weg der durch die Teilung des Banats im Zuge des Vertrags von Trianon so nicht mehr möglich war.

Wegen des großen Interesses wurden damals die Pilgerzüge der größeren Pfarreien aus logistischen Gründen auf die Sonntage der warmen Jahreszeit verteilt.Der größte Wallfahrtstag war zu Mariä Geburt, an dem bis zu 20.000 Menschen nach Maria Radna pilgerten, wohl weil das Kloster 1750 anlässlich Mariä Geburt als Wallfahrtsort geweiht worden ist.

Für die Glogowatzer war Dreifaltigkeitssonntag, beginnend mit den vorgängigen Samstag, der Tag an dem sich Jung und Alt – häufig zu Fuß singend, betend, plaudernd auf den Weg gemacht hat.

Verabschiedet und empfangen durch die Blasmusik. Übernachtet wurde in „Radna-Betten“ bei den gastfreundlichen Häuslesbesitzern in und um Radna. Auf diese Weise wurde das Gelöbnis von der Gemeinschaft Jahr um Jahr erfüllt. Maria Radna blieb bis in die 90er Jahre des vorherigen Jahrhunderts „unser“ Wallfahrtsort.

2. Wie sich Wandel vollzieht

Bekanntlich sind wir Banater Schwaben sukzessive aus Rumänien nach Deutschland übergesiedelt. Der Wallfahrtsort lag nun 1.200 km entfernt.

Was tun? War es nur Zufall oder Fügung, dass sich Ave Maria Deggingen als Alternative entwickelt hat. Ich finde es immer noch sehr beeindruckend, wenn ich höre und mir in Erinnerung rufe, was die Keimzelle für diese Entwicklung war. Die Familie Schäffer, nahe bei Deggingen wohnend, pflegte am Muttertag in Ave die Andacht um 15.00 Uhr zu besuchen.

Die so geehrte Mutter seufzte, „ach wäre das nicht schön, wenn wir unsere Glogowatzer Wallfahrt an Dreifaltigkeit“ hier in Ave Maria Deggingen begehen könnten“.Kurze Zeit später waren die Schäffers mit Mutter Elisabeth Ruck wieder in Ave Maria – und sie trafen auf die Kessels, die just zur selben Zeit dort waren. Ein Wort und eine Idee ergab die andere, zumal Herr Kessel begeistert die Trompete spielt. Man sprach verschiedene Landsleute an, mit dem Ergebnis, dass bei der ersten Gelöbnis-Wallfahrt nach Ave Maria Deggingen im Jahr 1984 rund 50 Glogowatzer bei der Heiligen Messe dabei waren.

In den Folgejahren stiegen die Zahlen rasant an. Nicht nur die Glogowatzer waren froh, einen Ort des Sich-Sehens, der Begegnung, des Gebets und der gemeinsamen Erinnerung zu haben: Es war fast wie derhoam!

Viele ehemalige Nachbarn, entferntere Verwandte, Arbeitskollegen haben sich nach der Ausreise das erste Mal wieder in Deggingen getroffen und in den Folgejahren nur bei der Wallfahrt in Ave Maria. Denn dem Beispiel der Glogowatzer folgten auch andere Gemeinden, so dass Ave Maria wirklich ein Ersatz für Maria Radna wurde, insbesondere als nach dem Umsturz in Rumänien, der die nahezu komplette Aussiedlung der Banater Schwaben bedingte.Wie vieles im Leben gibt es einen Höhepunkt, ab dem dann die Taltour beginnt. Waren es in einer Hochphase bis zu 2.000 Pilger aus den größeren Banater Ortschaften, die durch die HOG organisierten Busfahrten aus ganz Deutschland zu ihrem Wallfahrtstag anreisten, wurde die „pussillus grex – die kleine Herde“ in den Folgejahren noch kleiner und kleiner.

Dies stellte auch die HOG vor Herausforderungen, denn es wurde zunehmend schwierig noch Busse zu chartern, weil die Kosten infolge zu kleiner Teilnehmerzahlen unverhältnismäßig hoch wurden. Die Anreise erfolgte daher irgendwann überwiegend nur noch mit dem eigenen PKW. Wer nicht selbst fahren konnte und niemanden zur Mitfahrt fand, blieb dann aus diesem Grund zu Hause. Diese „Daheimgebliebenen“ vermissten die Gemeinschaft – die Gemeinschaft vermisste sie.

3. Vielleicht ein neuer Anfang?

Wie schmerzlich diese Trennung gerade für diejenigen war, die Jahrzehnte zur Wallfahrt gekommen sind und auch durch ihre Präsenz zum Gelingen beigetragen haben, war den HOG sehr wohl bewusst – dass Handlungsbedarf besteht, liegt auf der Hand. Als Vorstand der HOG Glogowatz hatten wir uns im Sommer 2019 dazu Gedanken gemacht und Ideen entwickelt, die Teilnahme auch jenen zu ermöglichen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, aber gerne dabei sein wollen. Diese Überlegungen liegen nun vorerst auf Eis.

Denn es kam anders: Corona hat uns allen einen dicken Strich durch die Rechnung und durch alle Planungen gemacht.Dass wir auch 2021 nicht zu einer „Vor-Corona-Zeit“ zurück kehren können, war uns klar, aber als HOG-Vorstand wollten wir dennoch nicht ganz aufgeben.

So haben wir in der Mai-Sitzung sehr kurzfristig und spontan entschieden, dass eine kleine Abordnung an der regelmäßig samstags um 9.00 Uhr stattfinden Wallfahrtsmesse in Ave Maria teilzunehmen. In bekannt-bewährter Glogowatzer/Banater Bescheidenheit haben wir nur ganz klein geplant, weil wir den Ablauf in Deggingen nicht beeinträchtige wollten. Rückblickend lässt sich sagen: Wir hätten mutiger sein dürfen. Wir wurden in Ave Maria vom Pfarrer und den anderen Verantwortlichen freundlich empfangen und willkommen geheißen.

Wir konnten den Kranz zum Gedenken an die Toten und das – wie jedes Jahr sehr schön geschmückte – Wallfahrtskruzifix vor dem Ambo aufstellen. In der Predigt ging der Pfarrer auf unsere anliegen ein. Die ersten Bankreihen waren für uns reserviert. Es wäre noch Platz für weitere Personen gewesen. Beim nächsten Mal werden es mehr Personen sein! Versprochen.

Für uns Anwesenden war es ein schönes Gefühl als Wallfahrtsgruppe und sei sie noch so klein an „unserem“ Tag in Ave Maria zu sein. Im kleinen Kreis haben wir den traditionellen Ablauf, so gut es eben ging, abgehalten – und wir hatten viel Freude dabei. Gefreut hat uns, dass wir noch drei Personen aus „Winga“ begegnet sind, deren Gelöbnis-Tag ebenfalls das Fest Hl. Dreifaltigkeit ist. Maria führt eben zusammen! Mit einem „Vater unser“ am Grab von Pater Flavien haben wir die Wallfahrt ausklingen lassen.

Wir wissen, wie viel wir ihm verdanken. Ohne sein stetes Wohlwollen wäre vieles nicht möglich gewesen.Allen Glogowatzern, die durch Gebet und Handeln zum Gelingen beigetragen haben, sei ein aufrichtiges Danke schön und ein Vergelt`s Gott gesagt.

Alle Landsleute, die sich ebenfalls gerne eingebracht hätten oder einfach dabei hätten sein wollen, bitten wir nochmals um Nachsicht und um Verzeihung, dass wir sie nicht vorab informiert haben – wir waren zu ängstlich und zu bescheiden, die Zeit für eine umfassendere Planung war nach dem spontanen Beschluss zu kurz.

Allen Interessierten HOG können wir mitteilen, dass in Absprache mit dem Pfarrbüro von Ave Maria Deggingen mehr geht: Bis zu 20 Personen in der allgemeinen Wallfahrtsmesse sind an sich kein Problem. Wenn die eine oder andere HOG wie wir, das Gelöbnis der Vorfahren ebenfalls noch dieses Jahr stellvertretend für die ganze Gemeinde erfüllen will, dann ist dies auch unter den bestehenden Rahmenbedingungen durchaus möglich. Wir freuen uns auf die Zeit, wo wir wie früher nach Ave Maria können, nicht zu Letzt deshalb, weil Gemeinschaft einfach gut tut.

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